Konsumforscherin Nina Tröger über Konsumwandel in der Krisenzeit.
Wie veränderte sich unser Konsumverhalten seit Ausbruch der Coronakrise?
Zum einen kam es zu Konsumverzicht, da viele Menschen wegen Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit finanzielle Einschnitte trafen. Und, da wir zu Hause bleiben mussten, war auch die Notwendigkeit nach viel Konsum nicht vorhanden, etwa bei Kleidung.
Es gab auch Wandel zu mehr regionalen, nachhaltigen Produkten: Ab-Hof-Verkäufe und regionale Lebensmittelkisten nahmen zu.
Wird das anhalten?
Wenn Menschen weiterhin finanziell belastet sind, werden sie auch weiterhin sparen müssen. Schwierig einzuschätzen sind die, bei denen sich die ideologischen Gründe vorübergehend änderten. Da bin ich etwas skeptisch. Im Fall von BSE etwa war bald der Fleischkonsum so hoch wie zuvor.
Was ist nötig, um Konsumverhalten langfristig zu ändern?
Es gibt jetzt die Bereitschaft der Menschen, anders zu konsumieren, aber es benötigt unbedingt begleitende Maßnahmen der Politik. Die Politik sollte etwa mit dem Kreislaufwirtschaftsmodell vorgeben, dass Waren lang haltbar und reparierbar sein müssen.
Wir leben in einer Gesellschaft, die von Massenangebot und Über-Konsum geprägt ist. Ökologisch gesehen ist es daher besser, weniger zu kaufen als „grüner“.
Nina Tröger ist Konsumforscherin und Referentin in der Abteilung KonsumentInnenpolitik der Arbeiterkammer Wien.
Widersprechen sich Onlineshopping und bewusster Einkauf ?
Wichtig ist, sich immer die gesamte Produktions- und Lieferkette anzusehen. Onlinehandel funktionierte während der Krise im Frühjahr in der lokalen Umsetzung gut. Ich habe auch während des Lockdowns bei meinem Buchhändler um die Ecke bestellt und er lieferte die Bücher vor die Haustüre. So kann man lokale Wertschöpfung fördern und die Kleinen profitieren davon.
Warum fließt dennoch das Gros des Geldes an Online-Riesen?
Die große Angebotsdichte, der einfache Versandservice und die günstigen Preise sind verlockend. Da können kleine Händler oft nicht mithalten. Ein effizientes Wettbewerbsrecht und eine effiziente Wettbewerbspolitik wären daher sehr wichtig, damit nicht nur wenige große Anbieter übrig bleiben.
Ich denke aber, Online- und Offlinehandel werden sich insgesamt die Waage halten. Der Onlinehandel wird zunehmen, aber die Menschen brauchen das Persönliche. Man sieht, dass die Geschäfte, die überleben, sehr stark durch Service und persönlichen Kontakt punkten.
Interview: Milena Österreicher
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